Asylpolitik

 

Notwendige Maßnahmen außerhalb Deutschlands

Zurzeit ist eine ungeheuer große Zahl von Flüchtlingen unterwegs. Natürlich müssen wir den Menschen helfen, die nach einer oft lebensgefährlichen Fahrt bei uns ankommen. Aber ist es nicht auch unsere Pflicht zu fragen, warum sie fliehen müssen, und wie man verhindern kann, dass so viele Menschen dabei in Lebensgefahr geraten? Europa trägt zu einem Teil selbst Schuld an der Krise.

 

1. Fluchtursachen endlich beenden

1.1 Destabilisierung beenden
Eine große Zahl von Flüchtlingen stammt aus Kriegsgebieten oder aus Ländern, in denen sie unmittelbar von Gewalt bedroht werden. Gegenüber den Schutzsuchenden aus diesen Gebieten hat Europa eine Verpflichtung, denn der Westen hat unter Beteiligung europäischer Staaten zur Instabilität in vielen Regionen beigetragen: in Afghanistan, im Nahen Osten und in etlichen Ländern Nordafrikas. Wenn wir als Europäer in die Souveränität dieser Staaten eingreifen, müssen wir auch die Konsequenzen tragen und wenigstens denen helfen, die dadurch in Not geraten sind.

1.2 Klimaflüchtlingen helfen
Durch den Klimawandel dehnen sich die Wüstengebiete aus; bisher fruchtbare Regionen trocknen aus. Wie in einigen anderen Ländern gehen deshalb auch in weiten Teilen Zentralafrikas die Ernteerträge dramatisch zurück. Wir sind gefordert, durch geeignete technische Maßnahmen und durch einen Umbau der Landwirtschaft in diesen Regionen die Folgen des Klimawandels abzumildern. Trotzdem wird das Land schon bald die Menschen nicht mehr ernähren können, die dort wohnen. Auch sie brauchen unsere Hilfe.

1.3 Dezimierung der Fischbestände beenden
Andere Flüchtlinge versuchen der wirtschaftlichen Notlage zu entkommen, die bei ihnen zuhause herrscht. So erreichen uns Viele aus Westafrika, wo europäische Schiffe die Fischbestände so sehr dezimieren, dass die Einheimischen nicht mehr vom Fischfang leben können. Der Fischfang der europäischen Flotten muss stark eingeschränkt werden.

1.4 Überschwemmung mit Billigimporten stoppen: Fairhandel statt Freihandel
Andere afrikanische Länder werden von Importen aus Europa so sehr überschwemmt, dass die Landwirtschaft darunter leidet und die industrielle Entwicklung massiv behindert wird. Zölle, die das verhindern könnten, sind wegen der Freihandelsabkommen mit Europa verboten. In diesen Ländern lebt der Großteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Die Bauern sind auf den Verkauf ihrer Erzeugnisse angewiesen, um Medikamente, Baumaterial, Kleidung zu kaufen und Schulgeld zu bezahlen. Die Billigimporte schneiden sie von ihrer einzigen Einnahmequelle ab.
Andererseits werden die Exporte aus den Entwicklungsländern nach Europa meist nur von wenigen Firmen durchgeführt. Die Verlierer sind die Bauern aus den Entwicklungsländern, weil sie oft nur von einem einzigen Exporteur abhängen, der die Preise diktiert.

1.5 Vertreibung der Landbevölkerung stoppen
Ein weiteres Problem stellt die Vertreibung der Landbevölkerung dar, die an vielen Orten zugunsten westlicher Konzerne stattfindet. Dieses „Land Grabbing“ ist nicht nur für die enteigneten Bauern eine Katastrophe; es verschlechtert auch die Ernährungssituation im ganzen Land drastisch (siehe z.B. die UNO-Berichte E/C.12/2012/1 und den Bericht des UN Independent Expert on Human Rights and Environment vom 22. Mai 2014 in Bangkok). Land Grabbing findet leider sehr häufig statt, so in Äthiopien, Kenia, Uganda und vielen anderen Ländern. Das alles ist nur deshalb möglich, weil unsere Freihandelsabkommen mit diesen Ländern entsprechende Gesetze fordern. Zurzeit werden viele neue Abkommen mit afrikanischen Staaten ausgehandelt. Sie haben keine andere Wahl als sie zu akzeptieren, denn sonst würden ihnen der Zugang zum europäischen Markt und die Entwicklungshilfe versperrt. Es ist ein Skandal, dass es den Entwicklungsländern im Rahmen der jetzt schon gültigen WTO-Verträge nicht gestattet ist, große Vorräte an Nahrungsmitteln anzulegen, um schlechte Ernten zu überbrücken. Das würde nämlich die Nahrungsmittel-Spekulationen behindern. (Man beachte, dass das kürzlich erzielte Moratorium für Schiedsgerichtsverfahren hierzu keine bindende Wirkung hat.)
Wir sind also an der wirtschaftlichen Not vieler Flüchtlinge zumindest mitschuldig. Die Probleme und Fluchtursachen sind oft hausgemacht. Dabei ist auch zu bedenken, dass in extremen Notsituationen oft radikale Regierungen die Macht ergreifen. Menschen, die aus solchen Ländern zu uns kommen, werden als Wirtschaftsflüchtlinge möglichst schnell wieder abgeschoben. Ist das gerecht?

1.6 Waffenexporte in Krisengebiete beenden
Der Verkauf von Waffen in Krisengebiete muss gestoppt werden. Sie werden oft zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung oder in bewaffneten Auseinandersetzungen eingesetzt.

 

2. Gut ausgestattete Flüchtlingslager vor Ort

Auf der Flucht nach Europa sterben immer noch Tausende. Dabei würden Viele lieber in ihrer Heimat oder wenigstens in ihrem Kulturkreis bleiben. Aber die Flüchtlingslager sind hoffnungslos überfüllt: So leben in Jordanien etwa ebenso viele Flüchtlinge wie eigene Bürger. Im Libanon sieht es nicht viel besser aus. Es ist offensichtlich, dass diese Länder, die zusammen schätzungsweise drei Millionen Flüchtlinge aufgenommen haben, mit der Situation völlig überfordert sind. Entsprechend fehlt es in den Lagern an Allem. Um wenigstens die größte Not zu lindern und auch um die Menschen zum Bleiben zu ermutigen, müssen wir die Lager in ganz anderem Maß als bisher finanziell unterstützen.
Wir schlagen vor, aufgrund der akuten Notlage für die Betreuung der Flüchtlinge jährlich einen Betrag von einem Prozent des deutschen Staatshaushalts über die nächsten 3 Jahre zu investieren. Die anderen EU-Länder sollen sich in ähnlicher Weise beteiligen.

 

3. EU-Aufnahmebehörden vor Ort

Wir müssen mehr Kontingentflüchtlinge aufnehmen. Das sind in diesem Fall Schutzsuchende, deren unmittelbare Gefährdung durch Verfolgung, Kampfhandlungen oder lebensbedrohende Armut vor Ort von Europäischen Beamten geprüft wurde und die sicher mit dem Flugzeug nach Europa kommen können. Diese Aufnahmestellen können z.B. bei Flüchtlingslagern eingerichtet werden. Die Auswahl der Schutzsuchenden muss nach unseren Asylgesetzen erfolgen, d.h. sie muss aus rein humanitären Gesichtspunkten getroffen werden. Eine Bevorzugung der „nützlichsten Arbeitnehmer“ darf auf keinen Fall stattfinden.
Diese Flüchtlinge sollen auf die europäischen Länder je nach deren Größe, Einwohnerzahl und finanziellen Möglichkeiten verteilt werden. Die Arbeitsgenehmigung und die Auszahlung der Sozialleistungen müssen auf das festgelegte Aufnahmeland beschränkt bleiben, da sonst eine ausgewogene Verteilung auf alle Länder nicht mehr möglich wäre. (Beschränkung der Arbeitnehmer-Freizügigkeit)

 

4. Den Schleppern das Handwerk legen

Für Flüchtlinge ist der Weg nach Europa lebensgefährlich. Die Fliehenden werden von den Schleppern zum Teil sehr schlecht behandelt, Frauen sogar missbraucht, und die Familien um ihr letztes Erspartes gebracht. Zum Teil kümmern sich die Schlepper auf den Booten nicht einmal um das Nötigste wie Wasser und Nahrung und lassen die Schiffsbrüchigen im Zweifel allein und ihrem Schicksal überlassen. Um die lebensgefährlichen Fahrten über das Mittelmeer zu stoppen, ist es dringend geboten, dass die EU in den betroffenen Ländern Stellen einrichtet, in denen sich die Schutzsuchenden registrieren lassen können. Wie oben beschrieben sollen sie in ein europäisches Land geflogen werden, falls ihnen Asyl oder ein Aufenthaltsrecht für Europa gewährt wird. Das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern auch deutlich billiger als die Registrierungs- und Verteilungsstellen, die derzeit an den Außengrenzen Europas geplant sind1. Denn nach unserem Vorschlag kommen nur Personen nach Europa, die auch bleiben dürfen. Außerdem bekommen dadurch auch Menschen eine Chance, die nicht genug Geld haben, um einen Schlepper zu bezahlen.
Für dieses Verfahren müssen die Asyl-Gesetze geändert werden. Das würde bedeuten, dass eine enorm hohe Zahl an Flüchtlingen die Möglichkeit bekommt, einen Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung in Europa zu stellen. Zur Bearbeitung dieser Anträge müsste man die derzeitig zur Verfügung stehenden Ressourcen erheblich erhöhen.
Damit werden aber nur dann die menschenverachtenden Aktivitäten der Schlepper gestoppt, wenn sich wirklich alle Schutzsuchenden schon außerhalb Europas registrieren müssen. Asylanträge, die innerhalb Europas gestellt werden, dürfen nur noch in besonderen Fällen bearbeitet werden. Bis alle diese Maßnahmen durchgeführt sind, müssen wir aber den schiffbrüchigen Flüchtlingen im Mittelmeer helfen. Ich unterstütze persönlich ein solches Schiff, das privat finanziert wird und Leben retten soll.

 


Konfliktdiskussion Zuwanderung

 

Zu viele Einwanderer?

Von Januar bis einschließlich Oktober 2015 wurden in Deutschland 758.000 Flüchtlinge2 registriert.3 Rechnet man den zu erwartenden Familiennachzug dazu, der allerdings in den nächsten zwei Jahren ausgesetzt werden soll, dann könnten es in Zukunft mehrere Millionen Menschen sein, die bei uns Zuflucht suchen. Zum Vergleich: Am 31. Dezember 2014 hatte Deutschland 80,2 Millionen Einwohner. Davon waren rund 10% Ausländer4, genauer 8.152.968.
Natürlich ist es eine Herausforderung, wenn jetzt noch einige Millionen Menschen aus fremden Ländern und Kulturen zu uns kommen. Aber die Aufgabe kann bewältigt werden; schließlich erhöht sich der Anteil der Ausländer durch die oben genannten 758.000 Flüchtlinge nur um knapp 1 Prozentpunkt, wenn man im Augenblick noch den Familiennachzug unberücksichtigt lässt. Auch wenn in den kommenden Monaten noch mehr Menschen bei uns Schutz suchen, bleibt ihr Anteil an unserer Bevölkerung überschaubar. Diese Zahlen sagen jedoch nicht alles aus. Denn bei ihrer Ankunft brauchen unsere neuen Mitbürger mehr als alle anderen finanzielle Unterstützung, Wohnungen und soziale Betreuung. Damit haben viele Gemeinden finanziell zu kämpfen, ganz abgesehen von den logistischen Problemen, die gemeistert werden müssen.
Betrachtet man also die Zahl der neu angekommenen Flüchtlinge im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, ist es möglich, sie ebenso gut aufzunehmen, wie dies in vergangenen Jahrhunderten immer wieder geschehen ist. So flohen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert zwischen 200.000 und 300.000 Hugenotten aus Frankreich. Ein Großteil davon wurde von Frankfurt/Main aus auf Brandenburg-Preußen, Hessen-Kassel und die Niederlande verteilt. „Der Aufschwung Berlins von einem gottverlassenen Ackerbaustädtchen zur späteren Kapitale wäre ohne die Hugenotten ebenso wenig möglich gewesen wie etwa die Blüte der manufakturellen Betriebe im Gebiet zwischen Kassel und dem Weserland.“ (C. Cohn-Bendit und T. Schmid: Heimat Babylon. Das Wagnis der multikulturellen Demokratie. Hamburg 1993, S. 209) Bei solchen historischen Vergleichen muss man die Entwicklung der Bevölkerungszahlen beachten: Damals lebten in Brandenburg-Preußen wesentlich weniger Menschen als heute. Zudem war die Kommunikation zwischen den verschiedenen Landesteilen schwieriger. In etlichen Städten stellten die Hugenotten die Mehrzahl der Bevölkerung; trotzdem fühlten sich die Einheimischen offenbar nicht benachteiligt.
Ob allerdings die jetzt die neu angekommenen Flüchtlinge in all ihrer Andersartigkeit in unseren Kulturkreis integriert werden, hängt sehr von uns selbst ab. Persönliche Beziehungen sind hier am wichtigsten. Aber auch die Behörden dürfen nicht die Fehler wiederholen, die bei der Aufnahme der Gastarbeiter gemacht wurden; siehe unten.

 

Islam in Deutschland

Ende 2014 waren in Deutschland weniger als zwei Millionen Muslime gemeldet. Sie fallen jedoch stärker auf, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht, weil sie oft durch ihre äußere Erscheinung die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und meist konzentriert in bestimmten Stadtvierteln wohnen.
Der Islam ist zu allererst eine Herausforderung für uns, weil er viele Menschen wegen seiner traditionellen Werte und der Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Muslimen anspricht. Außerdem gibt er Antworten auf viele Fragen und bietet so jungen Menschen eine Orientierung. In den Moscheen bekommt man gewöhnlich auch schnell Kontakt zu Glaubensbrüdern bzw. -schwestern. Dadurch werden vor allem neu Zugezogene angesprochen, die aufgrund von Sprachschwierigkeiten oder wegen der Gleichgültigkeit ihrer Nachbarn sonst keine sozialen Beziehungen aufbauen können.
Hier zeigt sich das Versagen unserer Gesellschaft, das von vielen gläubigen Muslimen aufgegriffen wird. Wir sollten darauf nicht aggressiv reagieren, sondern unsere eigenen Probleme erkennen. Der Islam ist auch eine Herausforderung für die Christen; die gewöhnlich nicht genug Begeisterung für ihre Religion aufbringen, um andere damit anzustecken.
Im Islam gibt es mehrere völlig verschiedene Strömungen. Nur die allerwenigsten sind radikal. Deren Mitglieder versuchen oft junge Menschen - Deutsche und Migranten - anzusprechen und für ihre Ziele zu begeistern. Das ist aber den deutschen Behörden bekannt, die oft schon erste Kontaktversuche vereiteln können. Trotzdem geht von diesen Menschen eine Gefährdung aus.

 

Extremfälle

Natürlich bedeutet ein Anstieg der Einwohnerzahl automatisch auch einen Anstieg der Straftaten. Es ist zu erwarten, dass dieser sogar größer ist, als es dem Bevölkerungsanteil entspricht, weil die Flüchtlinge im Durchschnitt deutlich jünger sind als die Alteingesessenen, und weil Rentner weniger Straftaten begehen als Jugendliche. Wie bereits erwähnt, muss die Konsequenz sein, dass die Polizei entsprechend den neuen Anforderungen verstärkt wird. Denn wenn die neu Angekommenen jetzt erst einmal den Eindruck bekommen, dass Straftaten nicht geahndet werden, ist es fast unmöglich, den Rechtsstaat später wieder durchzusetzen.
Problematischer ist die Tatsache, dass sich junge Migranten oft in Gangs zusammenschließen, die manchmal sogar der Polizei Schwierigkeiten bereiten. In einigen wenigen Stadtvierteln deutscher Großstädte sind sie präsenter als die Polizei. Dort besteht auch nach Straftaten wenig Bereitschaft, der Polizei gegenüber irgendwelche Aussagen zu machen. Das heißt, in diesen Gegenden entwickelt sich eine Parallelgesellschaft, in der deutsches Recht nicht immer durchgesetzt wird.
Ein gravierendes Problem sind auch die Übergriffe von Deutschen auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte. Es kommt immer wieder vor, dass die Polizei zu wenig unternimmt, um sie zu verhindern oder die Täter zu fassen. Wie wirkt das auf Menschen, die gerade einem Krieg oder Verfolgung entkommen sind?
Beides sind unhaltbare Zustände. Dem kann man nur entgegentreten, wenn die Zahl der Polizeistreifen deutlich erhöht wird und die Polizisten entsprechend ausgebildet werden, was in einigen Bundesländern bereits geschieht. Das kostet viel Geld. Unsere Sicherheit muss uns das aber wert sein.

 

Folgerung

Ohne Zweifel stellt uns die hohe Zahl von Flüchtlingen vor große Herausforderungen, die wir bewältigen müssen, wenn wir den inneren Frieden und den Zusammenhalt der Bevölkerung erhalten wollen. Diese Aufgabe kann und muss bewältigt werden.

Was wollen wir erreichen?

Integration darf nicht bedeuten, dass sich die neuen Mitbürger in allem an uns angleichen, so dass sie sich nicht mehr von uns unterscheiden. Wir müssen aber erreichen, dass sie sich vollständig in unser Gemeinwesen eingliedern, d.h. dass sie Kontakt mit alt eingesessenen Bürgern haben, am allgemeinen sozialen Leben einer Gemeinde teilnehmen und sich in die Arbeitsprozesse einfügen. Selbstverständlich muss man von jedem hier lebenden Menschen verlangen, dass er sich an unsere Vorschriften und Gesetze hält.
Dazu muss jeder Mitbürger die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass dies alles möglich ist. Dagegen ist es nicht nötig, dass er seine Lebensgewohnheiten vollständig an unsere anpasst oder gar seine Muttersprache aufgibt. Als die Hugenotten nach Deutschland kamen, haben sie über Jahrhunderte ihre Gebräuche erhalten und untereinander weiter Französisch gesprochen. Trotzdem waren sie stets loyal zu ihrer neuen Heimat und haben sie sogar in Kriegen gegen Frankreich verteidigt.
Wenn wir erreichen wollen, dass unsere neuen Mitbürger ebenso loyal werden, müssen wir ihnen das Gefühl geben, dass sie hier willkommen sind und sich ihren Fähigkeiten entsprechend entfalten können. Dazu ein paar Tipps, die sich vor allem an unsere Kommunalpolitiker richten:

Hier werden nicht die notwendigen administrativen Maßnahmen aufgeführt, die ohnehin von den meisten Gemeinden mit viel Hilfsbereitschaft und Energie durchgeführt werden. Im Folgenden geht es um Aktionen, die über die reine Verwaltungstätigkeit hinausgehen.
Am wichtigsten sind gerade am Anfang die sozialen Kontakte. Gemeinden, Kirchen, Bürgerinitiativen und Andere sollten sicherstellen, dass möglichst viele Flüchtlinge mit Deutschen in einen persönlichen Kontakt kommen. Damit wird auch der Kontakt mit kriminellen Gruppen erschwert, die vereinzelt Komplizen unter den Neuangekommenen suchen.
Ein erster persönlicher Kontakt kann leicht geknüpft werden, wenn man in privater Initiative Sprachunterricht anbietet oder wenn man sich einfach um die Kinder kümmert, mit ihnen spielt und ihrer Wissbegierigkeit entgegen kommt. Auch ein gemeinsamer Ausflug in die nächste Stadt oder ein gemeinsamer Einkauf von Lebensmitteln kann trotz aller Sprachschwierigkeiten ein guter Anknüpfungspunkt sein.
Die meisten Behörden sind sich der Tatsache bewusst, dass Massenunterkünfte als Erstunterbringung alles andere als erstrebenswert sind. Es gibt viele Mitbürger, die leerstehende Zimmer anbieten. Trotzdem ist es verboten, dass Flüchtlinge von Privatpersonen aufgenommen werden. Das ist ausgesprochen schädlich, weil die unzumutbaren Zustände in den Unterkünften bei den Flüchtlingen Frust, Wut und Verzweiflung erzeugen. Hier sind unsere Kommunalpolitiker gefordert. Sie müssen durchsetzen, dass Flüchtlinge auch privat untergebracht werden dürfen, wo dies möglich ist.
Trotz der behördlichen Weisungen ist es aber in Einzelfällen möglich, dass Flüchtlinge von Privatpersonen aufgenommen werden, wenn man hartnäckig bleibt und mit Organisationen zusammenarbeitet, die sich offiziell um Flüchtlinge kümmern. Meine Familie konnte so durchsetzen, dass eine Afrikanerin bei uns wohnen kann.
Die Flüchtlinge müssen so schnell wie möglich lernen, sich bei uns selbstständig zurecht zu finden. Dazu gehört auch zu lernen, selbstverantwortlich mit wenig Geld auszukommen. Deshalb ist es kontraproduktiv, ihnen Sachleistungen statt Geld zu geben.

Sehr wichtig ist auch, dass die Kinder sofort am Schulunterricht teilnehmen können. In der ersten Zeit nach der Ankunft sollte das freiwillig geschehen, weil nicht alle Kinder sofort in der Lage sind, sich den neuen Umständen diszipliniert anzupassen. Aber bereits nach einigen wenigen Wochen muss die Teilnahme am Unterricht verpflichtend sein. Das ist nicht nur für die Integration der Kinder und ihrer der Eltern nötig, sondern auch unumgänglich, um den Kindern eine berufliche Zukunft in Deutschland zu ermöglichen. In Gemeinden mit vielen Flüchtlingen bedeutet das aber, dass neue Klassenräume und Lehrer benötigt werden.
Natürlich sind sowohl für die Kinder, als auch für alle Erwachsenen Integrations- und Sprachkurse sofort zwingend notwendig. Meiner Meinung nach sind dabei Unterrichtsmethoden vorzuziehen, die ohne den Gebrauch der jeweiligen Muttersprachen auskommen. Auch Englisch darf in diesen Kursen nicht benutzt werden, obwohl das zunächst für eine Verständigung hilfreich sein kann. Denn sonst fällt der Zwang weg, sich auf Deutsch auszudrücken. Man weicht schnell auf Englisch aus und verhindert dadurch, dass die Menschen anfangen, auf Deutsch zu denken. Außerdem ist es schwierig, gleichzeitig drei Sprachen zu benützen: die Muttersprache, Deutsch und Englisch.
Integration geschieht leichter, wenn die Menschen arbeiten können. Deshalb sollen die Flüchtlinge so schnell wie möglich am Arbeitsmarkt teilnehmen. Ihnen die Arbeitserlaubnis zunächst zu verweigern, schafft gleich mehrere Probleme: Es verschlechtert ihre positive Einstellung zu Deutschland, verursacht unnötige Kosten für unser Sozialsystem und entzieht unserer Wirtschaft die benötigten Arbeitskräfte.
In nächster Zukunft müssen Unterkünfte für die Flüchtlinge gebaut werden. Dabei ist zu beachten, dass der Wohnraum stets gleichzeitig Flüchtlingen und Deutschen angeboten wird. Es dürfen keine „Ausländergettos“ entstehen. Im Gegenteil: Trotz aller Verschiedenheiten in der Lebensweise muss sichergestellt werden, dass immer eine gute Durchmischung von neu Angekommenen und Alteingesessenen stattfindet. Nur so lassen sich die Probleme vermeiden, die wir heute in manchen Großstädten bereits haben.

 

Weitere Effekte der Zuwanderung

Die Zuwanderung so vieler Menschen bedeutet auch eine große Chance für uns. In einigen Wirtschaftszweigen haben wir einen Mangel an Arbeitskräften. Dabei ist es von Vorteil, dass auch sehr gut ausgebildete Fachkräfte zu uns kommen. Und viele von den Flüchtlingen, die keine Ausbildung haben, hatten aufgrund der schlimmen Verhältnisse in ihrer Heimat keine Chance, einen Beruf zu erlernen, sind aber begierig, dies nachzuholen.
Trotzdem werden auch nach mehreren Jahren viele keine Berufsausbildung haben, z.B. weil sie zu alt sind, um noch etwas Neues anzufangen. Wir müssen also davon ausgehen, dass die Zahl der ungelernten Arbeitssuchenden erheblich ansteigt. Wenn nicht geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden, könnte das dazu führen, dass wegen des Konkurrenzdrucks der Mindestlohn abgesenkt wird. Auch das ist eine Gefahr, die vermieden werden kann und muss.
Schließlich ist der Altersdurchschnitt der Flüchtlinge deutlich geringer als der der Deutschen. Deshalb helfen sie, die Zukunft unserer Sozialsysteme zu sichern. Alles in allem sagen mehrere Studien (siehe z.B. Süddeutsche Zeitung vom 7.11.2015) voraus, dass in einigen Jahren auch rein wirtschaftlich die heutige Zuwanderung für Deutschland erhebliche Vorteile bringt.

 


1) Da die Asylverfahren, auch wenn es Eilverfahren sind, jeweils einige Monate in Anspruch nehmen, sind derzeit für die Registrierungs- und Verteilungsstellen insgesamt etwa 90.000 Unterkünfte nötig. Es sind jedoch nur 50.000 geplant (November 2015), und nur 6.000 in Griechenland vorhanden (Peter Ptassek, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, am 12.11.2015).
2) Hier wird nicht zwischen Flüchtlingen und Asylbewerbern unterschieden.
3) Registrierungen im EASY-System: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/11/asylantraege-oktober-2015.html
Dazu kommen aber noch die nicht erfassten Flüchtlinge, deren Zahl sich schwer abschätzen lässt. Um die Flüchtlingsströme in geordnete Bahnen zu lenken, ist es dringend notwendig, Registrierungsstellen an den EU Außengrenzen einzurichten. Damit wird gerade begonnen. Besser wären jedoch Registrierungsstellen außerhalb der EU, siehe oben.
4) Als „Ausländer“ werden hier Menschen verstanden, die in Deutschland wohnen, aber keinen deutschen Pass haben. Davon sind 1,5 Millionen Türken, 670.000 Polen und 570.000 Italiener. Als Ausländer zählen aber auch z.B. Angestellte ausländischer Firmen oder Studenten, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten. - Bei diesen Zahlen ist zu beachten, dass bei allen anerkannten Flüchtlingen nach drei Jahren überprüft wird, ob die Fluchtursache noch vorhanden ist. Bisher betrug die Rückkehrquote bei Flüchtlingen etwa 60%.