Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA

 

 

Worum geht’s?
Das Ziel der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) ist laut eigener Vorstellung, Handelshemmnisse zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu senken. Die vergleichsweise hohen Einfuhrstandards der EU machen es vielen Unternehmen aus den USA schwer, ihre Produkte auf den europäischen Markt bringen zu können. Langfristig soll auch das Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union durch die TTIP gestärkt werden.

 

Ist doch toll, oder?

Klaus Buchner’s STATEMENT

Das Investor-State-Dispute-Settlement

TTIP sieht vor, dass Firmen Staaten verklagen können, wenn deren Gesetze erwartete Gewinne der Firmen schmälern. Ein solcher Rechtsstreit würde dann nicht vor einem ordentlichen Gericht ausgefochten werden, sondern durch ein so genanntes Schiedsgericht. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandeln dann ein Richter und die Streitparteien über das Urteil. Ein solches Verfahren ist mit den demokratischen Grundsätzen von Transparenz nicht vereinbar. Da die Ersatzzahlungen gegebenenfalls millionenschwer ausfallen können und am Ende der Bürger sie zu zahlen hätte, ist ein solches Verfahren untragbar.
Die Vereinbarung kann Staaten dazu veranlassen, von sinnvollen Regulierungen abzusehen. Verbraucher- und Umweltschutzmaßnahmen wirken sich häufig negativ auf Gewinnerwartungen von Firmen aus, was für den Staat eine hohe Schadensersatzzahlung zur Folge hätte.

 

Entkräftung europäischer Industriestandards

In den USA gelten überwiegend andere Vorschriften für die Industrie als in Europa. Besonders in Sachen Umweltstandards sind viele europäische Staaten den US-Amerikanern voraus. Durch TTIP könnte sich das zumindest in Teilen ändern. Das wohl schwerwiegendste Problem ist hier Schiefergasbohrung, auch bekannt als Fracking. Dieses Verfahren dient dazu, große Mengen an Erdöl und Erdgas zu gewinnen und setzt dabei auf hochgiftige Chemikalien. Teile dieser Chemikalien bleiben bei jedem Fracking-Vorgang in der Erde zurück und können tausende Quadratkilometer an Boden unbrauchbar und unbewohnbar machen. Hinzu kommt, dass sich höchstgradig wassergiftige Biozide unter den eingesetzten Chemikalien befinden, die das Grundwasser vor Ort vergiften.
Für Fracking herrscht derzeit in vielen Staaten der EU ein Verbot oder zumindest ein Moratorium. Durch das „Investor-State-Dispute-Settlement“ erhalten Firmen ein starkes Druckmittel an die Hand, um Staaten dazu zu bewegen, Schiefgasbohrungen auf ihrem Boden zuzulassen.

 

Aushebelung des Vorsorgeprinzips

TTIP sieht die europäische Norm des Vorsorgeprinzips als Handelshemmnis. Salopp gesagt müssen Firmen, die in Deutschland ein Produkt auf den Markt bringen möchten, im Voraus nachweisen, dass das Produkt keine für den Verbraucher schädlichen Stoffe in relevanter Menge enthält. In den USA dürfen Produkte grundsätzlich immer auf den Markt. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Produkte Gesundheitsvorschriften nicht entsprechen und gegebenenfalls nachhaltige Schäden anrichten, können die verantwortlichen Firmen auf Schadensersatz verklagt werden und müssen das Produkt vom Markt nehmen. Der Schaden ist jedoch bereits angerichtet.
Mit TTIP würde diese Vorgehensweise auch innerhalb der EU praktiziert.

 

Gefährdung von Kulturgut

Gerade in Deutschland genießen Kulturgüter einen besonderen Schutz, der auch markttechnisch relevant ist und sie mit gesetzlichen Mitteln davor bewahrt, einzig als Handelsware betrachtet zu werden. Zwei Beispiele dafür sind der geringere Mehrwertsteuersatz (7%) und die Preisbindung für Bücher. Der Schutz des Kulturguts kann von amerikanischen Firmen als Handelshemmnis gesehen werden und TTIP gäbe Firmen die Möglichkeit, den gesetzlichen Schutz von Kulturgütern auszuhebeln.

 

Ausschluss der gewählten Abgeordneten von Verhandlungen

Und wenn das alles noch immer nicht reicht, bleiben noch die eigentlichen Verhandlungen. Diese finden nicht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern auch unter Ausschluss ihrer Vertreter. Den Parlamentariern werden nach Abschluss der Verhandlungen lediglich fertige Texte zur Verfügung gestellt. Die Entwürfe umfassen hunderte von Seiten und dürfen allein in dafür vorgesehenen Räumen gelesen werden. Abgeordnete haben keine rechtliche Möglichkeit, Änderungsvorschläge einzubringen und sind zur absoluten Geheimhaltung verpflichtet.