Stellungnahme Euratom

(Brüssel/09.05.2017) Mit den Römischen Verträgen wurde 1957 die Grundlage der heutigen Europäischen Union gelegt. Neben dem Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wurde auch jener über die Gründung der „Europäischen Atomgemeinschaft“ (Euratom) unterzeichnet. Ziel war die Förderung der Kernenergie, um Unabhängigkeit in der Energieversorgung zu erreichen.

In den Jahren und Jahrzehnten nach der Gründung der Euratom wuchs jedoch in vielen Ländern die Ablehnung der Atomkraft. Von den sechs Gründerstaaten von Euratom verzichtete Luxemburg bereits in den 70er Jahren auf den Bau eines Atomreaktors an der Mosel, und Italien schaltete seine vier Kernkraftwerke nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl ab.

Im Gegensatz zum Vertrag über die Gründung der EWG, aus der später die Europäische Gemeinschaft und dann die Europäische Union entstand, bliebt der Euratom-Vertrag ohne große Änderung bis heute in Kraft. Und das, obwohl die Zeit der großen nuklearen Euphorie schon lange zu Ende ist und die problematischen Aspekte der Atomkraft heute deutlich zu Tage treten. So gibt es weiterhin kein Konzept für die Endlagerung radioaktiven Mülls. Auch ist wegen des Booms der regenerativen Energien Atomkraft heute teurer als grüner Strom und nur noch dank hoher Subventionen wettbewerbsfähig.

Euratom ist ein eigenständiges Gebilde, doch die Institutionen sind identisch mit jenen der Europäischen Union. Besonders absurd ist, dass auch Länder, die nie ein Atomkraftwerk betrieben haben, zur Mitgliedschaft in Euratom verpflichtet sind. Der Euratom-Vertrag zwingt die Mitgliedstaaten, große Summen in die Erforschung der Kernenergie zu stecken. Derzeit sind es 1,6 Milliarden Euro pro Jahr. Der Euratom-Vertrag diente der Europäischen Kommission als Rechtfertigung dafür, die hohen Beihilfen der britischen Regierung für das geplante Atomkraftwerk Hinkley Point C zu genehmigen. Mit demselben Argument wird die EU-Kommission jetzt auch den beantragten Subventionen für weitere Atomreaktoren im AKW Temelin zustimmen. Da wir ohnehin zu viel Strom in unseren Leitungen haben, werden sie zur Deckung des Bedarfs nicht benötigt. Sie dienen lediglich der Gewinnmaximierung.“

Damit ist klar, dass der Euratom-Vertrag nicht mehr zeitgemäß ist. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, endlich aus Euratom auszusteigen. Gerade in Zeiten der Energiewende gibt es keinen sinnvollen Grund mehr für die Beibehaltung eines Vertrags, der sich der Förderung der Dinosauriertechnologie Atomkraft verpflichtet.

Prof. Dr. Klaus Buchner, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), Einziger Kernphysiker im Europa-Parlament


Beitragsbild: Fotolia. Urheber: pixs:sell


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