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Trotz der Corona-Krise: Wir brauchen ein Umdenken in der Landwirtschaft!


Warum ein Umdenken in der Landwirtschaft
und der Lebensmittelproduktion trotz der Corona-Krise
dringend notwendig ist


Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) des Europäischen Parlamentes hat vor einigen Tagen gefordert, die Veröffentlichung der sogenannten „Vom Hof auf den Tisch“ (Farm to Fork) Strategie für nachhaltigere Lebensmittel von Ende April bis mindestens Anfang Herbst zu verschieben.
Die Lebensmittelstrategie der Europäischen Kommission ist für die Umsetzung des Green Deals von großer Bedeutung.
Nach Angaben der EVP würde die Veröffentlichung der Strategie zusätzliche Auflagen und Härten für die Bauern bedeuten und das in Zeiten der größten Krise, die die Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten gesehen hat.

Tatsächlich würde die Strategie lediglich Regulierungsvorschläge bieten, die für eine nachhaltigere, resilientere und gesündere Lebensmittelherstellung und -versorgung als notwendig betrachtet werden.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen insbesondere Landwirte bei der Transformation unterstützen. Auf keinen Fall aber impliziert die Veröffentlichung der Strategie sofortige Auflagen und Neuregelungen für Landwirte.

Die Farm to Fork Strategie ist zudem nicht als Angriff auf Landwirte und Fischer zu verstehen. Im Gegenteil, sie soll die Landwirtschaft langfristig schützen und die Kapazität zur Lebensmittelproduktion in Europa verbessern. Die intensive und umweltfeindliche Landwirtschaft trägt zum Klimawandel und der schwindenden Biodiversität bei, gleichzeitig leiden die Landwirtschaft und die Produktion unter genau diesen Phänomenen, weshalb ein nachhaltigeres System unabdingbar für die Lebensmittelsicherheit ist.

Gerade die Tatsache, dass die aktuelle Gesundheitskrise unsere Landwirtschaft vor große Herausforderungen stellt, sollte uns zum Nachdenken über das aktuelle System anregen. So würde lokale ökologische Herstellung zum Beispiel Unabhängigkeit von Billigfuttermittel aus Südamerika schaffen. Zu lange, globale Ketten in der Lebensmittelproduktion machen das System dagegen deutlich fehleranfälliger und insbesondere anfällig für globale Krisen.

Nicht nur der illegale und unkontrollierte Wildtierhandel in manchen Regionen der Welt, sondern auch die industrielle Massentierhaltung, wird stark mit dem Entstehen von Zoonosen, also Krankheiten und Infektionen, die zwischen Menschen und Tieren übertragen werden, in Verbindung gebracht.
Lebensmittelbedingte Zoonosen sind eine verbreitete Bedrohung für die öffentliche Gesundheit. Ca. zwei Drittel aller Infektionskrankheiten beim Menschen sind weltweit auf Zoonosen zurückzuführen (Stand 2016).

Zu der hohen Zahl an Zoonosen bedingten Erkrankungen beim Menschen kommen zunehmende Antibiotika-Resistenzen. Durch die sehr hohe Verabreichung von Antibiotika und sogar Reserveantibiotika vorwiegend an gesunde Tiere in der Massentierhaltung entstehen multiresistente Keime, welche über viele Wege zum Menschen gelangen. Antibiotika sind hochpotente Medikamente und sie werden zur Bekämpfung genau solcher schwerer Infektionskrankheiten gebraucht. Wenn Sie nicht mehr wirken, sind wir medizinisch zurück im Mittelalter. Unsere globale öffentliche Gesundheit ist massiv gefährdet. Nach Angaben der WHO sind in der EU jährlich
33.000 Todesopfer auf Antibiotika-Resistenzen zurückzuführen mit steigender Tendenz.

Studien weisen zudem auf den Zusammenhang zwischen der Abholzung der Wälder, dem Biodiversitätsverlust und dem Klimawandel sowie häufiger auftretenden Pandemien hin. Die Übertragung von Viren von wildlebenden Tieren auf Menschen wird leichter durch die vom Menschen herbeigeführte progressive Zerstörung und Veränderung des Ökosystems und durch das stetige Vordringen des Menschen in die Lebensräume von Wildtieren.

Ein weiter so wie bisher darf es nach der Krise nicht geben.
Und auch die Krise selbst rechtfertigt keine Aufschiebung der nötigen Reformen in der Landwirtschaft und im Umweltschutz. Im Gegenteil, sie zeigt umso mehr die Notwendigkeit einer nachhaltigen, sicheren und resilienten Lebensmittelproduktion.
Weder die von der Kommission für Ende April 2020 angekündigte Biodiversitätsstrategie, noch die Farm to Fork Strategie sollten aufgeschoben werden, sondern planmäßig veröffentlicht werden.

Quellen:

https://wwf.be/assets/IMAGES-2/BLOG/COVID-19/WWF-Italy-full-report-EN.pdf

https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/corporate_publications/files/factsheetfoodbornezoonosesde.pdf

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2016/160129-forschungsvereinbarung-zoonosen.html

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/antibiotika-resistenzen.html

http://www.euro.who.int/de/health-topics/disease-prevention/antimicrobial-resistance/news/news/2018/11/of-all-human-diseases,-60-originate-in-animals-one-health-is-the-only-way-to-keep-antibiotics-working

https://wwf.be/assets/IMAGES-2/BLOG/COVID-19/WWF-Italy-full-report-EN.pdf

https://plus.lesoir.be/290860/article/2020-03-29/coronavirus-detruire-la-biodiversite-cest-favoriser-les-epidemies-dit-le-wwf

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