Sehr geehrte Damen und Herren,
unter der Rubrik „Aktuelles aus Brüssel“ möchte ich ihnen gerne über meinen Alltag im Parlament berichten.
Ägypten-Resolution
Ein wichtiges Thema in der letzten Straßburgsitzung war die Ägypten-Resolution. Die Regierung Ägyptens wurde dazu aufgefordert, die verhängten Gefängnisstrafen gegen die Journalisten zurückzuziehen und das EU-Parlament lehnte Todesurteile grundsätzlich als unmenschlich ab. Ich bin hoffnungsvoll, dass die EU in diesem Falle eine positive Wirkung für die bessere Durchsetzung von Menschenrechten erzielen konnte.
Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz
Ich habe mich dazu entschlossen, mich trotz mancher inhaltlicher Diskrepanzen der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz und Regionalisten anzuschließen, da ich bei den europäischen Umweltparteien noch die größte Übereinstimmung zu unserem Programm gefunden habe. In vielen Punkten verfolge ich aber ein anderes Programm als die Fraktion und werde darin auch anders abstimmen. Dies ist oft der Fall, wenn es um umweltfremde Themen wie der Sozialpolitik, der Friedenspolitik und um das Subsidiaritätsprinzip geht. In der Euro- und Bankenpolitik verfolge ich den Ansatz, “Mensch vor Währung“. Es geht nicht darum, wie die Währung heißt, sondern ob Sie für ein Land geeignet ist und ein stabiles Wirtschaften ermöglicht. Auf das Subsidiaritätsprinzip bezogen, vertrete ich die Ansicht, dass Entscheidungen, die vor Ort bestimmt werden können, nicht zentralistisch in Brüssel entschieden werden sollen. Der Vorteil an dieser Fraktionsmitgliedschaft ist, dass es keinerlei Fraktionszwang gibt und ich jederzeit frei in meinen Entscheidungen bin. Des Weiteren ermöglicht mir aber eine Mitgliedschaft, viele europäische Umweltparteien kennenzulernen und mit diesen zusammenzuarbeiten.
Wegen meiner Mitgliedschaft in der EFA-Fraktion bin ich zum Teil auf Kritik gestoßen, da ich vor der Wahl angekündigt habe, mich ihr nicht anzuschließen. Die Strukturen der Fraktion haben sich aber seit der letzten Wahl so stark verändert, dass eine Mitgliedschaft in der Fraktion der europäischen Umweltparteien sinnvoll wurde. Ich persönlich möchte in Zukunft darauf achten meine Pläne gegenüber meinen Wählern stärker zu differenzieren und besser die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen.
Ausschüsse & Delegationen
Für die Arbeit in den Ausschüssen konnte ich mich für den Sitz in Außenpolitik und für den Stellvertretersitz im Ausschuss internationaler Handel durchsetzen. Der stellvertretende Sitz ist der vollen Mitgliedschaft in etwa gleichgestellt. Aufgrund der vielen Freihandelsabkommen war dieser Ausschuss für meine politische Arbeit besonders wichtig. Die Freihandelsabkommen sind eine Unterwanderung der ökologischen und sozialen Gesetzgebung. Dem Ausschuss Außenpolitik sind zwei Unterausschüsse untergliedert. Ich bin Mitglied beider Unterausschüsse, also Sicherheit und Verteidigung sowie Menschenrechte. Aus der Gruppe der Länder konnte ich Mitglied der Iran-Delegation werden. Jeder Abgeordnete kann Mitglied einer Länderdelegation sein und ist dann für ein Land oder eine Ländergruppe mit den anderen Delegationsmitgliedern zuständig.
Kommissionspräsident Junker
Als neuer Kommissionspräsident wurde Claude Junker vom Parlament gewählt. Er war der einzige Kandidat für dieses Amt und sprach sich bei dem öffentlichen Besuch der EFA-Fraktion gegen Fracking und gegen die Privatisierung des Trinkwassers aus. Auch die Freihandelsabkommen sollen seiner Meinung nach transparent gemacht werden. Dementsprechend habe ich die Erwartungshaltung, dass er sich in der Rolle des Kommissionspräsidenten an die Absprachen halten wird. Es muss weiterhin geprüft werden, ob die Vorgaben wirklich umgesetzt werden. Ich sehe dies kritisch und bin auf die weiteren Geschehnisse gespannt.
Demokratische Mitbestimmung als Abgeordneter
Die EU-Kommission reicht Gesetzesvorlagen ein und das Parlament darf diesen Entwürfen dann zustimmen oder diese ablehnen. Ich habe als gewähltes Mitglied des EU-Parlaments keine Möglichkeit eigene Gesetze einzureichen, selbst wenn sämtliche EU-Abgeordneten meine Ansichten teilen würden. Das sind leider die traurigen Fakten. Das liegt nicht daran, dass ich der einzige Vertreter meiner Partei bin, sondern auch die Fraktionsvorsitzenden haben keinerlei Recht Gesetzesentwürfe zur Abstimmung einzureichen. Ich stehe dazu, dass das System von Abgeordneten und Kommissaren dringend einer demokratischen Reformierung bedarf. Allerdings sind auch hierbei die Mehrheitsverhältnisse klar. Es gibt sogar ein freies und öffentliches PDF im Internet, in dem Lobbyisten bei ihrer täglichen Arbeit beraten werden. Darin ist von der „inoffiziellen großen Koalition“ zwischen Schwarz-Rot die Rede. Das zeigt uns erneut, dass nur durch direkte Demokratie und Volksentscheide der Bürgerwille durchgesetzt werden kann. Nicht jedes Verkehrsschild ist Objekt demokratischer Mitbestimmung aber wir gehen ein hohes Risiko ein, wenn wir die wichtigsten Daseinsentscheidungen einem Gremium von ein paar Hundert Abgeordneten und Kommissaren überlassen.