Buchner: „Meine Vision von Europa ist eine Demokratie,
in der wieder die Bürger die Politik bestimmen“
MdEP Prof. Dr. Klaus Buchner (ÖDP) sprach in Aachen zum Thema „Meine Vision für Europa“
Über seine Vision eines demokratischen und bürgernahen Europas, sprach Prof. Dr. Klaus Buchner, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), bei seinem Vortrag am 25. Januar in Aachen.
„Meine Vision von Europa ist ein bürgernahes und demokratisches Europa, wo nicht Konzerne und ihre Lobbyisten die Politik bestimmen“, so Prof. Buchner. Zum Beginn seines Referats nannte er dann auch einige Missstände in der EU. Als aktuelles Beispiel, so der ÖDP-Politiker, kann das Mitte Januar vom EU-Parlament verabschiedete Freihandelsabkommen der EU mit Marokko gelten. Obwohl Marokko das Territorium der Westsahara völkerrechtswidrig besetzt hält und dort massiv die Menschenrechte verletzt. „Das Handelsabkommen mit Marokko missachtet ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und untergräbt die Friedensbemühungen der UNO“, schlussfolgert der Europaabgeordnete. Aber auch andere Freihandelsabkommen, wie etwa „Mercosur“ mit den südamerikanischen Staaten, missachten Sozial- und Umweltstandards und sind ein Freifahrtschein für Konzerninteressen.
„Eine solche Politik wäre nicht möglich, wenn die EU-Kommission demokratisch gewählt und kontrollierte wäre, und wenn keine Lobbygruppen aktiv sein dürften“, führt Prof. Buchner weiter aus. So ist der EU-Standort Brüssel die Stadt mit der höchsten Lobbyistendichte weltweit. Der mächtige Industrieverband „European Round Table of Industries” ERT etwa hält zweimal jährlich eine Plenarsitzung ab, an der auch Mitglieder der EU-Kommission und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten teilnehmen. Außerdem gibt es regelmäßige Treffen mit dem EU-Kommissionspräsidenten, mit dem EU-Ratsvorsitzenden und viele weitere Gespräche mit führenden EU-Politikern. Die ERT fordert, der Staat solle wesentlich weniger Gesetze erlassen und stattdessen mehr auf die Fähigkeiten der Märkte vertrauen. Vorschriften und Gesetze sollen nur noch möglich sein, wenn die „Märkte versagen“. „Besonders brisant ist die Forderung, dass das europäische Vorsorgeprinzip aufgegeben werden soll. Bislang sollen die denkbaren Belastungen und Schäden von Produkten für Mensch und Umwelt im Voraus vermieden werden. Bei den Freihandelsabkommen war die ERT bereits teilweise erfolgreich, weil darin das Vorsorgeprinzip aufgeweicht worden ist. Das gilt zum Beispiel bei der Einfuhr von gentechnisch veränderten Lebensmitteln oder Hormonfleisch“, erläutert der Europaabgeordnete.
Andere Kritikpunkte sind die EU-Energiepolitik, die immer noch auf die Atomkraft setzt und beispielsweise ermöglicht, dass Großbritannien mit dem Segen der EU Subventionen an das geplante AKW Hinkley Point C zahlen kann. Oder die Migrationspolitik, bei der in Sonntagsreden gerne von der Bekämpfung der Fluchtursachen gesprochen wird, ohne dass Schritte in diese Richtung unternommen werden.
Ein besonderes Anliegen ist dem ÖDP-Politiker das Thema Landwirtschaft, das er auch im Rahmen seiner Kampagne „Agrarwende jetzt!“ (www.agrarwende-jetzt.de) bearbeitet. In deren Rahmen fordert Prof. Buchner ein einheitliches Tierwohllabel für die ganze EU. Deren „Gemeinsame Agrarpolitik“ GAP fördert derzeit immer noch die industrielle Massentierhaltung, die für gülleverseuchtes Grundwasser, antibiotikaresistente Keime und Tierquälerei verantwortlich ist. Zudem produziert die Landwirtschaft 20 Prozent der Klimagase, das ist mehr als der gesamte Transportsektor.
Der ÖDP-Politiker verteidigt seine Vision von einem demokratischen Europa, in der die Bürger die Politik bestimmen. „Das setzt natürlich voraus, dass sie neutral und vollständig über alles informiert werden, was heißen würde, dass auch für Firmen wie Google schärfere Regeln gelten“, so Prof. Buchner. Der Brexit zeigt, dass es ein „Weiter so“ nicht gegen darf. Zu einem demokratischen Europa gehört auch eine größere Transparenz beim Ministerrat. „Vieles wird dort im Geheimen verhandelt, das ist mit meiner Idee eines bürgernahen Europas, für das ich kämpfe, nicht vereinbar“, so der Europaabgeordnete abschließend.
Prof. Dr. Klaus Buchner war von 2003 bis 2010 Bundesvorsitzender der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP). Bei der Europawahl im Mai 2014 wurde der Münchner ins Europäische Parlament gewählt. Er ist dort Mitglied der Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz. Bei der Europawahl am 26. Mai 2019 tritt er wieder als Spitzenkandidat seiner Partei an.
Bei dem Vortragsabend in der Gastronomie des Tivoli „Klömpchensklub“ Aachen, hatten die Zuhörer-rinnen im 10 Minutentakt Gelegenheit mit dem EU-Parlamentsabgeordneten und ÖDP-Spitzenkandidaten, sowie mit Frau Manuela Ripa (ÖDP Listenplatz 2) und Kurt Rieder (Bundesvorstands- u. KV-AC-DN-HS-Mitglied) zu europäischen Fragen zu diskutieren. Eingeladen hatte der ÖDP-Kreisverband Aachen-Düren-Heinsberg.