Zur Verhaftung der Ko-Bürgermeister im Kurdengebiet
MdEP Buchner: „Menschenrechte in der
Türkei werden massiv verletzt“
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Die Verhaftung der beiden Ko-Bürgermeister im Kurdengebiet der Türkei, in Diyarbakir, löst bei Prof. Dr. Klaus Buchner, Mitglied im Europäischen Parlament für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), tiefe Sorge aus.
Erst vergangenes Wochenende war Buchner zusammen mit einer internationalen Parlamentarier-Delegation im Kurdengebiet, um sich ein Bild über die Lage der Menschenrechte vor Ort zu machen. „Seit dem Putschversuch gegen Staatspräsident Erdogan gab es unzählige Verhaftungen und Suspendierungen aus öffentlichen Ämtern. Es werden sogar Foltervorwürfe erhoben, das wirft ein düsteres Bild auf die Lage der Menschenrechte,“ sagte Buchner im Anschluss an die Reise.
Auch wenn die Regierung die Verhaftungen und Suspendierungen mit angeblichen Verbindungen zur kurdischen Partei PKK begründet, so geht es ihr doch in erster Linie darum, die kurdische Kultur auszulöschen und die Erdogans Kritiker einzuschüchtern.
„Ich fordere von der Europäischen Union klare Worte an Erdogan und seine Unterstützer: Wenn Menschenrechte massiv verletzt werden, darf es keine weitere Zusammenarbeit mehr zwischen der EU und der Türkei geben!“
Die Reise der Delegation von Europäischen Parlamentariern in das türkische Kurdengebiet war geprägt von Begegnungen mit Bürgerinnen und Bürgern, die von Mord, Folter, Verhaftungen und anderen massiven Menschenrechtsverletzungen berichtet hatten. So wurde erzählt, dass eine 16jähre Schülerin erschossen wurde, weil sie von der Armee zerstörte Häuser fotografiert hatte.
Zur, ein Stadtteil von Diyarbakir, wurde vor kurzem komplett von der türkischen Armee zerstört, obwohl er ein UNESCO-Kulturerbe war und noch zahlreiche Menschen dort eingeschlossen waren. Die Anlage war 7.000 Jahre alt, wenn auch die einzelnen Häuser jüngeren Datums waren. Während der Zerstörung gab es wochenlang eine Art Sperrzone.
In dieser Zeit war es für die dort eingeschlossenen Menschen unmöglich, Lebensmittel zu bekommen. Eine totale Ausgangssperre bewirkte, dass sie trotz der Bombardierungen fünf Wochen lang ihre Häuser nicht verlassen konnten. Sie konnten nicht einmal die Menschen beerdigen, die durch die Angriffe getötet worden waren. Da viele Menschen vor den Bombardierungen Zur verlassen hatten und weil viele Menschen getötet wurden, schafften es manche Bewohner trotz der Ausgangssperre, in andere Häuser zu gelangen und dort Lebensmittel einzusammeln.
So wie das Stadtviertel Zur von Djarbakir wurden auch in anderen Städten Stadtviertel zerstört. Ich selbst habe zwei weitere in Nusaybin gesehen. Offenbar wollte die Türkische Regierung nicht, dass wir Zeugen dieser Aktionen sind: Vor und hinter unserer Gruppe waren gepanzerte Polizeiautos postiert; eines davon folgte uns. Wenige Tage nach unserer Abreise wurden mehrere unserer Gesprächspartner verhaftet.
„Ich appelliere an die Vertreter der EU, dieser Verletzung der Menschenrechte in den Kurdengebieten der Türkei nicht länger zu zusehen. Erdogans Verhalten muss verurteilt werden,“ so der ÖDP-Politiker Buchner.
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Fotos: Romain Champalaune
Aktuelle Neuigkeiten – Stand 31.10.2016
Stellungnahme von MdEP Klaus Buchner (ÖDP)
zur Verhaftung der kurdischen Politikerinnen
„Heute habe ich erfahren, dass die kurdischen Bürgermeisterinnen Firat Anli und Gültan Kisanak und die Vorsitzende der Frauenorganisation KJA,
Ayla Akat, nach fünf Tagen Gefängnis einem Haftrichter vorgeführt wurden. Dabei wurde die weitere Inhaftierung angeordnet.
Die in Deutschland geborene Feleknas Uca wurde hingegen aus dem Gefängnis entlassen. Frau Uca war von 1999 bis 2009 deutsche EU-Abgeordnete und ist seit 2015 für die kurdische Partei HDP Abgeordnete im türkischen Parlament.
Vergangene Woche waren meine Parlamentskollegen Julie Ward (Großbritannien), Frank Engel (Luxemburg), einige andere Abgeordnete aus europäischen Mitgliedsstaaten und ich zu Besuch in den Kurdengebieten der Türkei und konnten mit den oben genannten Politikerinnen sprechen. In der Stadt Diyarbakir wurde uns berichtet, dass etwa 100 Lehrer aus dem Schuldienst entlassen wurden.
Einige der Lehrer haben wir auch persönlich kennen gelernt. (Anmerkung vom 15.11.2016: Mittlerweile wurden sogar 3.600 entlassen). Heute Nacht beschloss der türkische Ministerrat unter Umgehung des Parlaments eine Verordnung, nach der die Entlassung von 11.000 Staatsangestellten ohne jede Untersuchung bestätigt wurde. Es handelt sich hauptsächlich um Lehrer und Angestellte im Gesundheitsdienst. Außerdem dringt Präsident Erdogan darauf, schnellstmöglich die Todesstrafe wieder einzuführen.“
Prof. Dr. Klaus Buchner ist Mitglied im Europäischen Parlament für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP).
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